„Was hab‘ ich bloß?“ – viele suchen die Antwort auf diese bange Frage bei Dr. Google. Damit ist man allerdings nicht immer gut beraten, sagt Prof. Dr. Jörg Schelling, Beauftragter für Wissenschaft und Forschung des Bayerischen Hausärzteverbandes und Hausarzt mit eigener Praxis im Münchner Westen. „Selbstdiagnosen fallen in der Regel schlimmer aus als die Realität“, hat Prof. Dr. Schelling bei seinen Patientinnen und Patienten festgestellt, die vor dem Termin in seiner Martinsrieder Hausarztpraxis Dr. Google konsultiert hatten.
Die wachsende Beliebtheit von Dr. Google bei Gesundheitsfragen sieht er mit gemischten Gefühlen. Die Recherche im Internet kann gewisse Vorteile mit sich bringen, räumt er ein. Zum Beispiel kann durch eine bessere Gesundheitskompetenz das Arzt-Patienten-Verhältnis auf eine zeitgemäßere Ebene gelangen: „Gut informierte Patienten können sich besser in das Arzt-Patientengespräch einbringen, was gemeinsame Entscheidungen auf Augenhöhe ermöglicht“, erklärt er.
Ungesunde Selbstdiagnosen
Da es Laien jedoch häufig schwerfalle, Suchergebnisse zu Gesundheitsfragen im Internet sachkundig einzuschätzen, komme der Ärzteschaft eine weitere wichtige Funktion zu. „Ärzte können sich auf ihre Rolle als Berater konzentrieren“, so Prof. Dr. Schelling.
Das Problem: Statt Gesundheitskompetenz werden durch die Recherchen im Internet Verunsicherung und gefährliche Selbstdiagnosen gefördert. Denn Dr. Google neigt zum Drama: Wer zum Beispiel „Kopfschmerzen“ eingibt, erhält als Diagnosevorschläge gern mal: Migräne, Hirnhautentzündung und Gehirntumor.
Die Hauptaufgabe als Hausarzt besteht daher für Prof. Dr. Schelling in der Einschätzung der aufgrund von Google-Ergebnissen erstellten Selbstdiagnosen. Das Revidieren von falschen Dr. Google-Diagnosen sei aber nicht selten schwierig und zeitintensiv, da manch einer nicht ohne weiteres von seiner falschen Internetdiagnose lassen wolle.
Hier ein paar Tipps zum Umgang mit Dr. Google
- Seriosität der Quelle beachten: Denn nicht immer sind die gefundenen Informationen bei Dr. Google vertrauenswürdig. Die Vielfalt ist verwirrend. Geboten wird ein Mix aus seriösen Informationsseiten, kommerziellen Angeboten und fragwürdigen Inhalten. Dazu der Tipp von Prof. Dr. Schelling: In der Suchanfrage das Wort „Leitlinien“ mit eingeben. „Dann ist die Chance, dass man auf die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemein-und Familienmedizin kommt, recht groß. Das ist auf jeden Fall eine seriöse Quelle.“ Zuverlässige und unabhängige Gesundheitsinformationen bieten oft Institutionen wie das Robert Koch-Institut oder die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Auch der Blick ins Impressum der Website gibt Aufschluss.
- Präzise Suchanfragen stellen: Je spezifischer die Begriffe gewählt sind, desto besser fokussiert der Filter. Also einfach nur „Husten“ einzugeben, auftretende weitere Symptome nennen wie z.B. „mit Fieber“ oder „trockener Husten“. „Für eine Differenzierung von Krankheiten sind vor allem die weiteren Begleitsymptome wichtig“, erklärt Prof. Dr. Schelling. Gerade bei unspezifischen Symptomen sollte die hausärztliche Praxis aufgesucht werden. Denn bei ihnen liegt Dr. Google am häufigsten daneben.
- Gesunde Skepsis bewahren: Generell müssen Sie bei einer Internetrecherche damit rechnen, dass ein Suchresultat nicht der Wahrheit entspricht, Sie dieses eventuell mit Ihrem Wissen nicht richtig einordnen können oder aber es handelt sich beim Text um Werbung. Achten Sie deswegen auch auf die Art der Darstellung. Seriöse Quellen vermitteln Wissen möglichst objektiv und neutral.
- Aktualität des Inhalts beachten: Das Internet vergisst nichts, d.h. man findet dort auch veraltete Informationen, die nicht dem aktuellen Stand der Forschung entsprechen. Also ist es wichtig, die letzte Aktualisierung der Webseite zu prüfen und zu schauen, ob es jüngere Veröffentlichungen dazu gibt.
- Die Rangfolge im Ergebnisüberblick ist nicht hilfreich: Was oben steht, ist nicht unbedingt die beste Quelle.